Ukraine: Chancen und Herausforderungen für Unternehmen – Ein Gespräch mit Roland Schüller und Dr. Julian Ries

Focus

Im Vorfeld ihres kommenden Webinars sprechen wir mit den zwei Experten, die über die aktuellen Entwicklungen und Perspektiven für Unternehmen in der Ukraine berichten. Roland Schüller, Director of Business Development für die Region East Europe bei Hellmann Worldwide Logistics, und Dr. Julian Ries, Jurist und Senior Partner bei Integrites, teilen ihre Erfahrungen und geben wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Chancen in einem der derzeit dynamischsten Märkte der Welt.

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Roland Schüller, Director of Business Development für die Region East Europe bei Hellmann Worldwide Logistics
Mit fast vier Jahrzehnten Logistikerfahrung und einem Schwerpunkt auf Osteuropa, war Roland Schüller entscheidend am Aufbau der Märkte in Polen, der Ukraine und dem Baltikum beteiligt. Sein Fokus bei Hellmann liegt auf der Entwicklung und Optimierung von Logistik- und Industrielösungen, um die dynamischen Anforderungen der Region zu erfüllen. Aktuell treibt er den Wiederaufbau der Ukraine und die Chancen im Bereich erneuerbare Energien voran.

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Dr. Julian Ries, Senior Partner bei Integrites
Dr. Ries ist ein erfahrener Rechtsberater für westliche Investoren in der Ukraine, mit Schwerpunkt auf Unternehmens- und M&A-Beratung sowie Wirtschafts- und Steuerrecht. Als Mediator in interkulturellen Konfliktsituationen unterstützt er Verhandlungen mit internationalen Aspekten. Zu seinen Mandanten zählen Family Offices und große deutsche Unternehmen. Ausgezeichnet von Best Lawyers 2022 und Chambers Global 2022 für Corporate und M&A, bringt er tiefgehende rechtliche und wirtschaftliche Einblicke mit.

Hallo Roland, dich verbindet ja ein spezielles Band zu den Kollegen in Osteuropa und besonders in der Ukraine. Magst du uns dazu mehr erzählen?

Roland Schüller: Meine Verbindung zur Ukraine begann bereits 1994. Anfangs handelte es sich um eher sporadische Geschäftsthemen, doch ab 2009 wurde die Zusammenarbeit intensiver. Ich hatte das Glück, etwa ein Jahr in Kiew zu leben und während dieser Zeit viele unserer ukrainischen Kolleg*innen persönlich kennenzulernen. Diese persönlichen Kontakte und die gemeinsame Aufbauarbeit haben eine enge Bindung geschaffen, die bis heute besteht.

Gerade jetzt, wo der Wiederaufbau der Ukraine im Vordergrund steht, ist es mir eine Herzensangelegenheit, meinen Kolleg*innen, ihren Familien und dem Land zu helfen. Ich bin aktiv an verschiedenen Initiativen beteiligt, wie dem ReBuild Ukraine Kongress in Warschau und anderen Foren, die den Wiederaufbau unterstützen. Es ist unglaublich inspirierend zu sehen, wie engagiert und stark unsere ukrainischen Teams auch in dieser schwierigen Zeit sind, und es erfüllt mich mit Stolz, Teil dieses Prozesses zu sein.

Welche logistischen Herausforderungen stellen sich Unternehmen derzeit beim Warentransport in die Ukraine und wie hat Hellmann seine Routen und Dienstleistungen an die geopolitische Situation angepasst?

Roland Schüller: Die logistischen Herausforderungen sind derzeit sehr vielfältig. Sie reichen von politischen Störungen wie Streiks über terroristische Bedrohungen, etwa im Roten Meer, bis hin zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Für uns bedeutet das, dass wir ständig auf neue Situationen reagieren müssen. Wir passen unsere Transportprozesse immer wieder an, modifizieren Routen und Abläufe und berücksichtigen die aktuellen Gegebenheiten. Dabei ist es besonders hilfreich, dass wir sowohl von unserem globalen Netzwerk als auch von unseren ukrainischen Teams profitieren. Letztere leisten oft Erstaunliches unter extremen Bedingungen und tragen entscheidend zum Erfolg unserer Logistiklösungen bei.

Neben den logistischen Aspekten ist es entscheidend, auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Blick zu haben. Deshalb freue ich mich, dass wir mit Dr. Julian Ries einen erfahrenen Experten an Bord haben, der unsere Teilnehmenden im Webinar umfassend über die rechtlichen Herausforderungen und Chancen in der Ukraine informieren wird.

Hallo Herr Dr. Ries, Sie werden als externer Sprecher und Rechtsexperte in Sachen Ukraine beim Webinar dabei sein. Was müssen Unternehmen denn beachten, wenn sie in der Ukraine investieren oder eine Geschäftstätigkeit aufnehmen möchten?

Dr. Julian Ries: Unternehmen sollten eine gründliche Vorbereitung nicht unterschätzen . Dazu gehören Marktanalysen, das Verständnis der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie, in der aktuellen Situation, Fragen zur Sicherheit von Personen und Anlagen. Essenziell ist es, sich Informationen aus unterschiedlichen Quellen zu holen und Netzwerke zu nutzen – wie etwa die deutsch-ukrainische AHK, die wertvolle Unterstützung bietet und den Austausch mit anderen Unternehmen fördert.

Besonders wichtig ist jedoch, dass die Verantwortlichen sich trauen, die Ukraine selbst zu besuchen. Nur vor Ort kann man ein echtes Gefühl für die Gegebenheiten bekommen, potenzielle Partner treffen und die lokale Geschäftsdynamik erleben. Sicherheit spielt hierbei natürlich eine zentrale Rolle, weshalb der Versicherungsschutz sorgfältig geprüft werden sollte.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind besonders relevant für Investoren in Krisenzeiten?

Dr. Julian Ries: Trotz der aktuellen Lage bleibt der rechtliche Rahmen in der Ukraine weitgehend unverändert. Die Ukraine verfügt über eine fortschrittliche Rechtsordnung, die weiterhin gilt. Investoren müssen sich wie gewohnt mit Unternehmensregistrierung, Steuer- und Arbeitsrecht befassen.
Aufgrund des Krieges hat die Nationalbank Devisenbeschränkungen erlassen, um die Stabilität der Hrywnja zu sichern. Dies betrifft den Transfer von Geldern ins Ausland und Devisenkäufe, was besonders für internationale Investoren relevant ist.

Ein weiterer Punkt ist die mögliche Einberufung männlicher Angestellter zum Militärdienst, was die Personalplanung beeinflussen kann. Zudem stellt die beschädigte Energieinfrastruktur ein Risiko dar, insbesondere für energieintensive Unternehmen.

Gibt es besondere staatliche Unterstützung oder Sicherungsmechanismen, die Investoren in der Ukraine zur Verfügung stehen?

Dr. Julian Ries: Die deutsche Bundesregierung bietet Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen, die in der Ukraine investieren, um politische Risiken wie Enteignung, Krieg oder Zahlungsausfälle abzusichern. Ziel ist es Investitionen auch in instabilen Regionen zu fördern.
Euler Hermes, als Exportkreditversicherung der Bundesrepublik, bietet ebenfalls Schutz gegen wirtschaftliche und politische Risiken. Dazu gehören auch Versicherungslösungen für die Finanzierung von Auslandsprojekten oder Lieferungen.

Auch die Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA), Teil der Weltbankgruppe, sichert ausländische Direktinvestitionen in der Ukraine gegen politische Risiken wie Enteignung, Krieg oder Zahlungsunfähigkeit ab. 

Zusätzlich bieten der Bund und die EU spezielle Finanzierungsprogramme zur Förderung von Investitionen und dem Wiederaufbau in der Ukraine an.

Jetzt haben wir ja schon ziemlich gute Einblicke in eure Themen bekommen. Am 25. Oktober ladet ihr gemeinsam zum Webinar ein. Wer sollte sich unbedingt einwählen und welche Inhalte erwarten die Teilnehmenden?

Roland Schüller: Im Grunde ist das Webinar für alle relevant, denn das Thema Ukraine betrifft uns alle – sei es als Unternehmen oder auch auf persönlicher Ebene. Wir möchten der Community einen umfassenden Einblick geben, was aktuell in der Ukraine aus logistischer Perspektive möglich ist und worauf man achten muss. Gleichzeitig möchten wir interessierten Kunden die Gelegenheit bieten, einen Zugang zum großen Thema Wiederaufbau der Ukraine zu finden. Es geht darum, wie man sich hier aktiv beteiligen kann und welche Möglichkeiten sich dabei eröffnen. Dr. Julian Ries wird uns dazu wertvolle rechtliche und wirtschaftliche Einblicke geben, sodass die Teilnehmenden praktische und strategische Ansätze mitnehmen können.

 

Unser Webinar „Investieren und Agieren in der Ukraine: Logistik, Recht und Chancen in Kriegszeiten“ hat bereits stattgefunden. Sie können sich die Videoaufzeichnung gerne jederzeit anschauen.

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